Job Coaching – Unterstützung der Einarbeitung, der betrieblichen Integration und ggf. der Qualifizierung am Arbeitsplatz

Unterstützte Beschäftigung ist mehr als die passgenaue Vermittlung eines Arbeitsplatzes. Nach einer erfolgreichen Vermittlung der BewerberIn in ein Praktikum oder ein Arbeitsverhältnis erfolgt eine mehr oder minder intensive Unterstützung des beruflichen Integrationsprozesses im Betrieb, da ohne eine individuelle und flexible Integrationsbegleitung viele der vermittelten Menschen mit Behinderungen oder sozialen Benachteiligungen ihren Arbeitsplatz wieder verlieren. Diese Form der Integrationsbegleitung wird in Unterstützter Beschäftigung auch Job Coaching genannt (vgl. Bungart/Putzke 2001, Putzke/Klüssendorf 2005, Hamburger Arbeitsassistenz 2001, Horizon 1999).

In den Anfängen von Unterstützter Beschäftigung wurde in den USA beim Job Coaching ein starker Fokus auf das Training von Arbeitsfertigkeiten am Arbeitsplatz im Sinne eines Training-on-the-job mit Hilfe eines externen Job Coachs gelegt. Die Lerninhalte wurden dabei mittels einer Tätigkeitsanalyse in kleinste Lernschritte zerlegt und durch eine sehr systematische Instruktion den ArbeitnehmerInnen durch den Job Coach vermittelt. Ein wichtiger Ansatz war dabei, das sogenannte „Training in Systematic Instruction“, das Marc Gold mit seinem Ansatz „Try Another Way“ (TAW) in den 1970er Jahren entwickelt hatte (vgl. MG&A 2006). Ziel dieses behavioristischen Ansatzes war es, auch Menschen mit großen Lernschwierigkeiten das Erlernen von Arbeitstätigkeiten zu ermöglichen. Nachdem Marc Gold in den 1970er Jahren zunächst in speziellen Trainingssettings in Universitäten und Einrichtungen gezeigt hatte, dass selbst Menschen mit großen Lernschwierigkeiten Arbeitstätigkeiten lernen können, verlagerte sich mit dem Aufkommen von Supported Employment ab Anfang der 1980er Jahre das Erlernen von Arbeitstätigkeiten im Sinne des Grundsatzes „erst platzieren und dann qualifizieren“ in den Betrieb. In den frühen Jahren von Supported Employment konnte so eindrucksvoll nachgewiesen werden, dass Menschen mit großen Lernschwierigkeiten Arbeitstätigkeiten mit Hilfe eines Job Coachs erlernen und erfolgreich in regulären Betrieben arbeiten können (Bellamy u. a. 1987). Die methodische Vorgehensweise entsprach dem Mainstream einer behavioristisch orientierten Behindertenpädagogik in den USA.

Qualitative Untersuchungen von Hagner (Hagner/Nisbet 1988) zeigten relativ früh, dass die unterstützten ArbeitnehmerInnen zwar in den Betrieben mit Hilfe des Job Coachs arbeiteten, aber teilweise nur wenig in den Betrieb eingebunden waren. Der Job Coach und das spezielle Training, das die unterstützten ArbeitnehmerInnen erhielten, entsprachen meist nicht der betrieblichen Kultur und wurden oft als betriebsfremd erlebt. Auf der anderen Seite wurden bei der Untersuchung besonders gut gelungener betrieblicher Integrationsprozesse aufgezeigt, dass es durchaus ein betriebliches Unterstützungspotenzial gibt. Unter dem Stichwort „natural supports“ (vgl. Hagner/Nisbet 1988, Hagner 1992, Hagner/DiLeo 1993, Schartmann 1995) wurde daraufhin diskutiert, diese „natürlichen“ Unterstützungspotenziale stärker zu nutzen und betriebliche Personen z. B. als MentorInnen in die Anleitung und den gesamten Integrationsprozess mehr einzubinden. Außerdem sollte bei allen Interventionen die jeweilige betriebliche Kultur stärker beachtet werden.

Auf der anderen Seite wiesen KritikerInnen darauf hin, dass einer neuen ArbeitnehmerIn nicht automatisch die Unterstützung von KollegInnen zur Verfügung steht und seitens der KollegInnen oft Unsicherheit im Umgang und in der Anleitung von Menschen mit schweren Behinderungen besteht (Brooke u. a. 1997, 165). Es ist wichtig, dass die KollegInnen die Unterstützung gern erbringen und nicht überfordert werden. KollegInnen haben auch unterschiedliche zeitliche Kapazitäten und Kompetenzen, die sie für die Unterstützung der ArbeitnehmerInnen mit Behinderung einsetzen können. Oft gibt es so eine Diskrepanz zwischen benötigter und erhaltener Unterstützung (Brooke u. a. 1997, 166). Einige ArbeitnehmerInnen benötigen z. B. aufgrund einer Körperbehinderung auch Unterstützung bei der Erledigung von existenziellen Bedürfnissen wie Essen oder Toilettengänge. Sowohl die ArbeitnehmerIn mit Behinderung als auch KollegInnen müssen sich entscheiden können, dafür eine persönliche Assistenz in Anspruch zu nehmen. Im Laufe der Diskussion zeigte sich, dass die Unterstützung durch KollegInnen und die Unterstützung durch einen Job Coach kein Entweder-oder ist, sondern in den meisten Fällen eine Kombination von beiden Strategien zum Erfolg führt (Inge 1994, Brooke u. a. 1997, 167). Die betriebliche Integration von Menschen mit schweren Behinderungen ist ein Prozess, der gestaltet werden muss und in vielen Fällen nicht „natürlich“ von alleine verläuft. Die Diskussion um „natural supports“ hat aber dazu geführt, die Blickrichtung der Unterstützung vom Training von Arbeitsfertigkeiten hinzu einer Aktivierung von Unterstützungsressourcen im Betrieb und einer ganzheitlichen Integration in die Kultur des Betriebs zu verschieben. Mittlerweile kann die Vorstellung von Job Coaching im Sinne eines bloßen Trainings der Arbeitsfertigkeiten als überholt angesehen werden.

Im deutschsprachigen Raum wurde von Anfang an Job Coaching nicht als das bloße Trainieren von Fertigkeiten am Arbeitsplatz, sondern mit Bezug auf das Konzept der Handlungsorientierung als ganzheitliche Unterstützung der betrieblichen Integration aufgefasst (vgl. Bungart/Putzke 2001, 113, Hamburger Arbeitsassistenz 2001, 162, Schartmann 2005, 270). In den Begleitforschungen der Modellprojekte in Deutschland wurde außerdem gezeigt, dass für die gelungene berufliche Integration nicht allein die fachlichen Kompetenzen ausschlaggebend sind, sondern auch die Selbstkompetenzen und soziale Kompetenzen als Schlüsselqualifikationen eine große Rolle spielen ( vgl. Bungart/Putzke 2001, 114, Barlsen/Bungart 1999, Schön 1993, Trost/Schüller 1992). Die gezielte Förderung der Selbst- und Sozialkompetenzen durch Job Coaching im betrieblichen Alltag (Putzke/Klüssendorf 2005, Bungart/Putzke 2001, Hamburger Arbeitsassistenz 2003, 2001) und durch ergänzende, eng mit der betrieblichen Praxis verzahnten Seminarangebote wie KUKUK (Hamburger Arbeitsassistenz 2004) stellt ein wichtiges Themengebiet der fachlichen Weiterentwicklung von Unterstützter Beschäftigung in den letzten Jahren dar. Betriebliche MentorInnen wurden vielerorts zur Einarbeitung und Unterstützung der betrieblichen Integration einbezogen.

Die Problematik gerade für die Integration von Menschen mit schweren Behinderungen war vielmehr, dass es in vielen Regionen keine Möglichkeit für die Integrationsfachdienst gab, die unterstützten ArbeitnehmerInnen im Sinne eines intensiveren Job Coachings in den Betrieben zu begleiten, da diese Leistung nicht im erforderlichen Umfang finanziert wurde. Dabei ist es die gesetzliche Aufgabe des Integrationsfachdienstes „den schwerbehinderten Menschen, solange erforderlich, am Arbeitsplatz oder beim Training der berufspraktischen Fähigkeiten am konkreten Arbeitsplatz zu begleiten“ (§ 110 SGB IX 4.). Eine Finanzierung ist über verschiedene Paragrafen der Schwerbehindertenausgleichsabgabeverordnung (§§ 24, 26, 27, 27a SchwAV) durch die Integrationsämter durchaus möglich und wird in einigen Regionen auch problemlos bewilligt. Auch über die Krankenversicherung wurde Job Coaching im Rahmen von Ergotherapie und der stufenweisen Wiedereingliederung in das Arbeitsleben bewilligt, von den Rehaträgern auch als arbeitsplatzbezogene Anpassungsmaßnahme (BAG UB 2005, 51). Das Job Coaching kann entweder integrativ von der IntegrationsberaterIn im Rahmen ihrer Aufgabenstellung oder arbeitsteilig in Kooperation mit ErgotherapeutInnen und Honorarkräften angeboten werden. Dabei ist darauf zu achten, dass Job Coaching eine der anspruchvollsten Tätigkeiten im Rahmen des Integrationsprozesses ist und deshalb von entsprechend qualifiziertem Personal durchgeführt werden muss.

Das aktuelle Verständnis von Job Coaching im Sinne einer umfassenden betrieblichen Integrationsbegleitung knüpft an professionelle Coaching-Konzepte an, die sich in der Personalentwicklung etabliert haben (vgl. Bungart/Putzke 2001, 139). Die Coaching-Konzepte in der Personalentwicklung wurden ursprünglich für Führungskräfte entwickelt. Mittlerweile gibt es eine Vielfalt von Coaching-Ansätzen für unterschiedliche Zielgruppen und Anlässe und das Bemühen, professionelle Qualitätsstandards im Bereich Coaching zu etablieren (vgl. Rauen 2006) [1] . Coaching-Konzepte werden beispielsweise auch zur Begleitung der beruflichen Ausbildung diskutiert (vgl. Buckert/Kluge 2006 ). Sie eignen sich mit entsprechenden Modifikationen auch als Denkrahmen für Job Coaching von benachteiligten Personengruppen. Dies sollte umso mehr gelten, da an- und ungelernte ArbeitnehmerInnen entgegen ihrem hohen Entwicklungsbedarf bisher eher ein Stiefkind der Personalentwicklung waren (vgl. Krings 2002).

In Anlehnung an die Coaching-Konzepte können folgende Merkmale von Coaching auf das Job Coaching übertragen werden (vgl. Rauen 2006, Maaß/Ritchl 1997, Bungart/Putzke 2001, Putzke/Klüssendorf 2005):

Charakteristika von Job Coaching

Job Coaching…

  • ist ein interaktiver Prozess der persönlichen Beratung, Begleitung und Unterstützung zur Steigerung des beruflichen Erfolgs und umfasst berufliche und private Inhalte
  • stellt die berufliche Rolle und die damit zusammenhängenden aktuellen Anliegen der ArbeitnehmerIn in den Vordergrund
  • unterstützt die betriebliche Einarbeitung und Übernahme neuer beruflicher Rollen und Aufgaben, die Kommunikation und Konfliktlösung sowie die persönliche und berufliche Weiterentwicklung
  • bezieht persönliche Bereiche ein, sofern sie den beruflichen Bereich beeinflussen
  • steht im konkreten Bezug zur Unternehmenswirklichkeit
  • umfasst ein gezieltes Feedbackinstrumentarium
  • bietet Raum für die Verarbeitung und Reflexion der persönlichen Situation am (neuen) Arbeitsplatz
  • erfordert die Fähigkeit, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Menschen sich öffnen können, um an persönlichen Problemen und Zielen zu arbeiten
  • nimmt nicht den Gecoachten die Aufgabe ab, sondern berät ihn, wie er diese selbst effektiv(er) lösen kann
  • thematisiert mögliche Probleme bereits präventiv im Vorfeld, bearbeitet auftretende Probleme zielorientiert und bietet dabei nicht vorrangig Problemlösungen an, sondern unterstützt die Entwicklung von eigenem Problemlösungsverhalten
  • ist eine Hilfestellung zur Ablösung alter Denk- und Handlungsmuster durch neue Ideen
  • initiiert persönliche Entwicklungsprozesse und setzt das Potenzial eines Menschen frei eigene Leistungen zu maximieren
  • ist eine Begleitung auf Zeit
  • findet auf der Basis einer tragfähigen und durch gegenseitige Akzeptanz gekennzeichneten, freiwillig gewünschten Beratungsbeziehung statt
  • läuft in der Regel mit Einverständnis und Förderung der ArbeitgeberIn
  • kann sich sowohl an die unterstützte ArbeitnehmerIn (Einzelcoaching) als auch die KollegInnen und Vorgesetzten im direkten Arbeitsbereich (Gruppencoaching) wenden
  • ist transparent gegenüber allen Beteiligten
  • kann am und außerhalb des Arbeitsplatzes stattfinden
  • setzt ein ausgearbeitetes Coaching-Konzept voraus, welches das Vorgehen des Job Coachs erklärt und den Rahmen dafür festlegt, welche Interventionen und Methoden der Job Coach verwendet, wie angestrebte Prozesse ablaufen können und welche Wirkungszusammenhänge zu berücksichtigen sind
  • ist kein einseitiger, nur vom Job Coach ausgehender Prozess, sondern hat einen interaktiven Verlauf
  • ist Hilfe zur Selbsthilfe und Übernahme von Verantwortung
  • ist keine Therapie bei schwerwiegenden psychischen Problemen
  • ist eine Maßnahme der Personalentwicklung und ein kundenzentriertes und individuelles Beratungs-, Begleitungs- und Unterstützungskonzept zur Optimierung aller vorhandenen Kräfte und Potenziale
  • erfordert ein Zusammenspiel von fachlicher und sozialer Kompetenz, Methoden- und Erfahrungskompetenz sowie Beratungskompetenz, von psychologischen, sozialpädagogischen und betrieblichen Kenntnissen, von Fach- und Feldwissen, z. B. über die betrieblichen Belange und die alltäglichen Sorgen und typischen Probleme der Zielgruppe bei der beruflichen Integration sowie praktischer Erfahrung in der Unterstützung der Zielgruppe und der Arbeit in Betrieben

Die Rolle eines externen Job Coachs ist für Betriebe meist erklärungsbedürftig. „Für die meisten Unternehmen sind externe Personen in der Regel erst einmal fremd und werden daher nicht erwünscht oder nicht für nötig gehalten“ (Putzke/Klüssendorf 2005, 36). Auch die Problematik einer möglichen Stigmatisierung durch die Anwesenheit eines Job Coachs ist ein kritischer Punkt (Horizon 1999, 102, Wetzel 2004, 92, Brooke u. a. 1997, 159). Wichtig ist deshalb, dass Job Coaching im Sinne des Coachings in der Personalentwicklung als professionelles und bewährtes Unterstützungs- und Beratungsangebot für die unterstützten ArbeitnehmerInnen und die Betriebe erläutert wird. Ein wichtiges Argument für die Unternehmen ist ferner, dass eine genaue Kenntnis des Arbeitsplatzes und der betrieblichen Situation sowie der Fähigkeiten und des Unterstützungsbedarfs der unterstützten ArbeitnehmerIn die Voraussetzungen für eine passgenaue Unterstützung und Beratung aller Beteiligten ist. Dies ist eine wesentliche Grundlage für den Erfolg der beruflichen Integration. Zielrichtung von Job Coaching ist es nicht, betriebliche Unterstützung und Aktivitäten der unterstützten ArbeitnehmerIn zu ersetzen, sondern dort zu unterstützen, wo es für die Beteiligten selbst hilfreich ist. Dabei muss die Rolle des Job Coachs, der geplante Integrationsprozess und die angewandten Methoden für alle unmittelbar Beteiligten transparent gemacht werden. Die Intensität des Coaching Prozesses und die Schwerpunkte des Coaching werden dabei je nach Unterstützungsbedarf der ArbeitnehmerIn und des Betriebs unterschiedlich sein. Eine dichtere betriebliche Begleitung des Orientierungs- und Einarbeitungsprozesses hat sich gerade für Arbeitnehme­rInnen mit größeren Lernschwierigkeiten und sozialen Benachteiligungen bewährt. Job Coaching kann aber auch z. B. bei Menschen mit psychischer Beeinträchtigung für andere KollegInnen unsichtbar außerhalb des Arbeitsplatzes erfolgen, indem die betrieblichen Erfahrungen gemeinsam reflektiert und persönliche Handlungsstrategien entwickelt werden.

Im betrieblichen Umfeld agiert der Job Coach dabei stets in verschiedenen Spannungsfeldern (vgl. Meuth 1996, 78 f., Putzke/Klüssendorf 2005, 44)

  • im Betrieb und außerhalb des Betriebs zu sein
  • ein Vertrauensverhältnis zu den Beteiligten im Betrieb aufzubauen und professionelle Distanz zu wahren
  • um Verständnis für die unterstützte ArbeitnehmerIn zu werben und die Arbeitsbelastung der anderen KollegInnen zu berücksichtigen
  • betriebliche Anforderungen und Realitäten anzuerkennen und Veränderungsprozesse anzustoßen
  • aktiv in betriebliche Prozesse mit Vorschlägen einzugreifen und die unterstützte ArbeitnehmerIn im Vordergrund zu lassen

In der Begleitung der betrieblichen Einarbeitung von ArbeitnehmerInnen mit Lernschwierigkeiten ergeben sich konkrete mögliche Aufgabenbereiche von Job-Coaching (vgl. Horizon 1999, 79, Putzke/Klüssendorf 2005, 24, Bungart/Putzke 2001, 140 f., Schartmann 2005, 270):

Mögliche Aufgabenbereiche von Job Coaching

  • Begleitung der betrieblichen Orientierung und Einarbeitung
  • Betriebliche Kultur und betriebliche Erwartungen erkunden und transparent machen
  • Vertiefende Arbeitsplatz- und Tätigkeitsanalyse, Potenziale und kritische Punkte in Arbeitsabläufen und im Hinblick auf die betriebliche Integration erkennen
  • Gemeinsame Analyse und Reflexion der Kompetenzen und Fertigkeiten in der betrieblichen Realsituation, Ausdifferenzierung des persönlichen Fähigkeitsprofils
  • Unterschiede zwischen betrieblichen Anforderungen und Fähigkeiten analysieren
  • Förderung der Übernahme der neuen betrieblichen Rolle und der Erweiterung des persönlichen Handlungsrepertoires
  • Weiterentwicklung der Selbst- und Sozialkompetenzen im betrieblichen Kontext
  • Unterstützung der betrieblichen Einarbeitung und Qualifizierung, ggf. vertiefendes Training von Arbeitsfertigkeiten und Arbeitsgeschwindigkeit gemäß betrieblichen Standards unter Berücksichtigung der bevorzugten Lernwege der ArbeitnehmerIn und des Betriebs
  • Unterstützung der sozialen Integration im Betrieb, Unterstützung der Kontaktaufnahme und Kontaktgestaltung zu KollegInnen und Vorgesetzten, Identifizierung und Einbeziehung von betrieblichen Unterstützungspersonen, Förderung der betrieblichen Akzeptanz
  • Informationen bereitstellen, Bedürfnisse und Entwicklungsmöglichkeiten der unterstützten ArbeitnehmerIn transparent machen, Unsicherheiten und Ängste von KollegInnen und Vorgesetzten wahrnehmen, Unterstützung und Ermutigung der betrieblichen MitarbeiterInnen
  • Gemeinsame Entwicklung von Einarbeitungs- und Qualifizierungsplänen, Arbeitsplänen und von kleinen Arbeitshilfen
  • Ggf. Veränderungsmöglichkeiten der Arbeitsanforderungen aufzeigen, Unterstützung bei der Anpassung des Arbeitsplatzes
  • Hilfe bei der Identifizierung von Unterstützungsmöglichkeiten, Unterstützung bei der Beantragung und Organisation von notwendigen technischen oder personellen Hilfen
  • Unterstützung bei Problemlösungen, Mediation in Konfliktsituationen
  • Gemeinsame Reflexion der Arbeitssituation

Die Begleitung der betrieblichen Orientierung und Einarbeitung ist ein wichtiges Aufgabenfeld des Job Coaching. Für alle ArbeitnehmerInnen stellt die Anfangssituation in einem neuen Betrieb eine besondere Herausforderung dar (vgl. Putzke/Klüssendorf 2005, 41). Sie ist häufig von einer positiven Gespanntheit, aber oft auch von gewissen Ängsten und Befürchtungen der neuen ArbeitnehmerIn begleitet. Dies gilt besonders für ArbeitnehmerInnen mit Behinderung, die bisher über keine oder wenig Arbeitserfahrung verfügen und deren Kompetenzen von außen oft in Frage gestellt wurden. Neue ArbeitnehmerInnen bewegen u. a. die Fragen, wie sie mit den KollegInnen und Vorgesetzten auskommen und ob sie die Arbeitsanforderungen bewältigen werden. Sie möchten sich möglichst schnell in den Betrieb einfinden und zu einer geschätzten MitarbeiterIn werden. Dabei besteht in der Orientierungs- und Einarbeitungsphase verstärkt die Notwendigkeit, Neues kennenzulernen und sich anzueignen. Gerade das Erfassen der Unternehmenskultur mit ihren formellen und vor allem informellen Regeln und Gepflogenheiten stellt eine besondere Herausforderung dar. Während viele ArbeitnehmerInnen die Kultur eines Betriebs mehr oder minder schnell intuitiv erfassen, ist für eine Reihe von ArbeitnehmerInnen mit Lernschwierigkeiten oder auch psychischen Beeinträchtigungen gerade in diesem Bereich eine Unterstützung notwendig, die impliziten Erwartungen des betrieblichen Umfelds explizit zu machen und gemeinsam zu reflektieren, um angemessen betrieblich handeln zu können.

Zur Unterstützung der betrieblichen Orientierung und Einarbeitung ist es für den Job Coach wichtig, bereits im Vorfeld zu erkunden, wie normalerweise die betriebliche Orientierung und Einarbeitung von neuen KollegInnen stattfindet und wer an ihr beteiligt ist. Soweit wie möglich sollten die betrieblichen Orientierungs- und Einarbeitungsprozesse genutzt werden, um die betriebliche Verantwortung zu stärken. Die notwendige Orientierung am neuen Arbeitsplatz umfasst dabei elementare Dinge wie die räumliche Orientierung im Betrieb, den Arbeitsablauf, die Beschaffung der notwendigen Arbeitsmaterialien, die Arbeits- und Pausenzeiten sowie das Kennenlernen der ArbeitskollegInnen und betrieblichen Ansprechpersonen (vgl. Horizon 1999, 79). Die Benennung einer für die Orientierung und die Einarbeitung zuständigen MentorIn hat sich dabei als sinnvoll erwiesen und entspricht auch den Gepflogenheiten in einer Reihe von Betrieben. Wenn allerdings zu erwarten ist, dass die übliche Orientierung und Einarbeitung für die neue ArbeitnehmerIn unzureichend sein wird, ist bereits im Vorfeld gemeinsam zu überlegen, wie diese so modifiziert oder ergänzt werden kann, dass die neue ArbeitnehmerIn sie erfolgreich bewältigen kann. Dabei sind die Fähigkeiten und Kompetenzen der ArbeitnehmerInnen, ihre bevorzugten Lern- und Qualifizierungswege und der mögliche konkrete Unterstützungsbedarf zu berücksichtigen. Es ist sinnvoll, am Anfang gemeinsam einen verständlichen Einarbeitungs- und Aktionsplan zu entwickeln, in dem knapp der Ablauf der betrieblichen Einarbeitung, der erforderlichen betrieblichen und außerbetrieblichen Maßnahmen und die Zuständigkeiten festgehalten werden.

Die Einbeziehung und die Förderung von kollegialer Unterstützung stellt ein wichtiges Aufgabenfeld von Job Coaching dar (vgl. Hagner/DiLeo 1993, Bungart/Putzke 2001, 152, Hamburger Arbeitsassistenz 2001, 138 ff., Putzke/Klüssendorf 2005, 73 ff.). Aufgabe des Job Coachs ist es, mit der unterstützten ArbeitnehmerIn und den betrieblichen MitarbeiterInnen verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten im Betrieb zu identifizieren.

Die soziale Unterstützung am Arbeitsplatz kann dabei vier Bereiche umfassen (vgl. Seyfried, Bühler, Gmelin 1993, 204 f.):

  1. Emotionale Unterstützung ( z. B. gegenseitige Bestärkung, Anerkennung der Arbeit, Verständnis)
  2. Instrumentelle Unterstützung ( z. B. direkte Hilfe bei einzelnen Arbeitstätigkeiten)
  3. Informative Unterstützung ( z. B. wichtige Informationen für den Arbeitsprozess, Hintergrundinformationen zu betrieblichen Gepflogenheiten)
  4. Feedback Unterstützung ( z. B. Rückmeldung zur Arbeit im Betrieb oder zum Verhalten in bestimmten Situationen)

Unterstützung kann auf den unterschiedlichen Ebenen von vielen betrieblichen MitarbeiterInnen gegeben werden (vgl. Brooke u. a. 1997, 165). So kann es sinnvoll sein, dass eine KollegIn als MentorIn die ArbeitnehmerIn während der Einarbeitungsphase beim Erlernen der neuen Arbeitsfähigkeiten unterstützt und den betrieblichen Einarbeitungsprozess begleitet. Es sollte ein Netzwerk von innerbetrieblichen und außerbetrieblichen UnterstützerInnen mit unterschiedlichen Funktionen aufgebaut werden, um Überforderungen einzelner und eine zu starke Abhängigkeit von einer Ansprechperson zu vermeiden. So können Vorgesetzte gebeten werden, regelmäßig die Arbeitsausführung zu überprüfen oder andere KollegInnen, die neue ArbeitnehmerIn im KollegInnenkreis einzuführen.

Von Anfang an ist darauf zu achten, dass die betroffenen KollegInnen und Vorgesetzte konstruktiv in den Integrationsprozess einbezogen werden und ‑ soweit möglich ‑ die üblichen betrieblichen Verfahrensweisen genutzt werden. Der Job Coach sollte Interesse an der Arbeit der betrieblichen MitarbeiterInnen zeigen und ihre Kompetenz und Fachlichkeit anerkennen. Er muss seine Rolle erläutern und transparent gestalten. Die Vorgesetzten und KollegInnen bleiben für die betriebliche Einarbeitung und Integration verantwortlich. Sie sollen in Problemlösungen konstruktiv einbezogen werden. Die Arbeitsbereiche der unterstützten ArbeitnehmerIn sollten so gestaltet sein, dass ein natürlicher Kontakt zu den KollegInnen möglich ist. Dabei ist es wichtig, sowohl die neue ArbeitnehmerIn als auch die KollegInnen und Vorgesetzte zu unterstützen, möglichst unvoreingenommen direkt miteinander zu kommunizieren (Hamburger Arbeitsassistenz 2001, 167).

Der Job Coach sollte auch ggf. die Ängste und Befürchtungen der MitarbeiterInnen wahrnehmen und darauf eingehen. Der Job Coach ist einerseits durch sein eigenes Verhalten gegenüber der unterstützten ArbeitnehmerIn konkretes Vorbild, andererseits kann in Absprache mit der unterstützten ArbeitnehmerIn auch direkt auf Fragen nach der Behinderung, der Leistungsfähigkeit und dem Unterstützungsbedarf in bestimmten Situationen eingegangen werden. KollegInnen sollten die notwendigen Informationen und Unterstützung erhalten, die sie im Umgang mit der behinderten ArbeitnehmerIn benötigen. Die KollegInnen und die unterstützte ArbeitnehmerIn sollen im Umgang miteinander ermutigt und gestärkt werden und möglichst oft positives Feedback erhalten. Der Job Coach sollte regelmäßig Gespräche zwischen den Beteiligten initiieren, z. B. zur Auswertung des Praktikumsverlaufs oder des Verlaufs der Einarbeitungsphase. Dabei ist, wo immer möglich, die direkte Kommunikation zwischen der unterstützten ArbeitnehmerIn und den KollegInnen zu unterstützen. Er sollte MitarbeiterInnen ermutigen, klar und deutlich zu werden und auch Kritik zu üben, wenn dies sinnvoll ist und in angemessener Form geschieht. Positive Entwicklungen der ArbeitnehmerIn sollten verdeutlicht werden.

Obwohl die soziale Integration in den Betrieben überwiegend gut verläuft, gehört auch zur betrieblichen Realität, dass die unterstützten ArbeitnehmerInnen in einigen Unternehmen mit unhöflichen Bemerkungen, Sprüchen, Frotzeleien, Hänseleien bis hin zu abfälligen, abwertenden und diskriminierenden Äußerungen und Verhaltensweisen konfrontiert werden, die eine klare Grenzüberschreitung darstellen (Hamburger Arbeitsassistenz 2004, Konzeption Konflikte, 15, Spiess 2004, 241, Trost/Schüller 1992, 150). Hier ist es die Aufgabe des Job Coachs, der unterstützten ArbeitnehmerIn den Rücken zu stärken, sich zu wehren und Grenzen zu setzen. Häufig hilft ein klärendes Gespräch mit den Beteiligten oder den betrieblich Verantwortlichen.

In der ersten Zeit im Betrieb ist oft eine vertiefende Arbeitsplatz- und Tätigkeitsanalyse auf der einen Seite und auf der anderen Seite eine Ausdifferenzierung des persönlichen Fähigkeitsprofils unter den Bedingungen und Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes möglich. Dabei können betriebliche und persönliche Potenziale und Kompetenzen identifiziert, aber auch Diskrepanzen zwischen betrieblichen Anforderungen und den derzeitigen Fähigkeiten gemeinsam mit den Beteiligten analysiert werden. Gerade begleitete Praktika haben in diesem Zusammenhang eine wertvolle diagnostische Funktion hinsichtlich der Kompetenzen und des Unterstützungsbedarfes der ArbeitnehmerIn sowie förderlicher Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz.

Um bei Bedarf eine bessere Passung zwischen betrieblichen Anforderungen und den derzeitigen Fähigkeiten der ArbeitnehmerIn zu erreichen, können verschiedene, miteinander kombinierbare Strategien verfolgt werden (vgl. Horizon 1999, 56, Bungart/Putzke 2001, 145 ) :

  1. Qualifizierung der ArbeitnehmerIn, gezieltes Training der relevanten Fach- und Methoden-, aber auch Sozial- und Selbstkompetenzen in und außerhalb des Betriebs
  2. Anpassung der Arbeitsanforderungen und Gestaltung des Arbeitsplatzes
  3. Entwicklung einfacher Hilfsmittel und Einsatz technischer Hilfen, um die Bewältigung der gestellten Anforderungen zu erleichtern
  4. Einbezug und Förderung von kollegialer Unterstützung oder personeller Hilfen wie Arbeitsassistenz
  5. Ausgleich der Minderleistung durch Lohnkostenzuschüsse
  6. Arbeitsplatzwechsel: die ArbeitnehmerIn mit Behinderung erhält einen anderen Arbeitsplatz, an dem sich die Behinderung nicht so leistungsmindernd auswirkt

Bei alledem ist es wichtig, von der Motivation und den Kompetenzen der unterstützten ArbeitnehmerIn sowie den betrieblichen Möglichkeiten und Unterstützungspotenzialen auszugehen. Die Qualifizierung, Arbeitsplatzgestaltung, Hilfsmittel und Einbeziehung der KollegInnen muss möglichst kompatibel mit der Unternehmenskultur sein und den Status und die Leistungsfähigkeit der unterstützten ArbeitnehmerIn verbessern und nicht stigmatisierend wirken. Die Nutzung und Anpassung üblicher betrieblicher Verfahrensweisen ist vorrangig vor Sonderlösungen. Die unterstützte ArbeitnehmerIn, betroffene KollegInnen und Vorgesetzte sollen in die Problemlösung mit einbezogen werden. Ziel sollte es sein, nach Möglichkeit die Arbeitssituation nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für die beteiligten KollegInnen zu erleichtern. Es sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen die ArbeitnehmerIn und ihre KollegInnen erfolgreich zusammen arbeiten können. (vgl. EUSE 2004, 37, Bungart/Putzke 2001, 146). Oft ist es am Anfang notwendig, unter Berücksichtigung der individuellen und betrieblichen Erfordernisse gemeinsam Prioritäten zu setzen und gemeinsam festzulegen, welche Punkte als erstes bei der Einarbeitung angegangen werden sollten.

Bei der Unterstützung der Qualifizierung der ArbeitnehmerIn im Betrieb (vgl. Bungart/Putzke 2001, 148, Putzke/Klüssendorf 2005, 54, Hamburger Arbeitsassistenz 2001, 162 ff., Horizon 1999, 66 ff.) durch Job Coaching hat sich die enge Verzahnung von betrieblicher Anleitung, der direkten Möglichkeit des Erprobens und der Reflexion bewährt. In der betrieblichen Praxis wenden häufig die AnleiterInnen das Prinzip „vormachen – nachmachen“ an. Für betriebliche AnleiterInnen ist es dann oft unverständlich, wenn Menschen mit größeren Lernschwierigkeiten eine Tätigkeit ggf. trotz mehrmaligen Vormachens nicht fehlerfrei ausführen können.

Im Rahmen des Job Coaching besteht in diesen Fällen die Möglichkeit, mittels einer genaueren Tätigkeitsanalyse zu überprüfen, wo genau die Schwierigkeiten der unterstützten ArbeitnehmerIn liegen. Dies erleichtert es, der AnleiterIn verständlich zu machen, wo genau die Lernschwierigkeiten der ArbeitnehmerIn liegen und wie sie es vielleicht leichter lernen könnte. Die Tätigkeitsanalyse bietet e ine sehr differenzierte Möglichkeit der Analyse einer Arbeitssequenz und ihrer Anforderungen. Sie zerlegt eine Tätigkeit in einzelne Schritte und kann in verschiedenen Differenzierungsgraden durchgeführt werden. Sie bietet eine Grundlage für die Einschätzung des Qualifizierungsbedarfs wie auch die eigentliche Qualifizierung. Sie ist ein gutes Instrumentarium, wenn während der Qualifizierung von bestimmten Arbeitstätigkeiten im Betrieb Probleme auftreten. Anhand der Tätigkeitsanalyse können häufig Lernhürden und Stolpersteine für Menschen mit Lernschwierigkeiten analysiert und KollegInnen der spezifische Unterstützungsbedarf dargestellt werden.

Tätigkeitsanalyse

  • Welche einzelnen Arbeitsschritte erfolgen sinnvollerweise nacheinander?
  • Wie ist die Tätigkeit in den Gesamtzusammenhang des Arbeitsplatzes einzuordnen?
  • Wo gibt es Berührungspunkte mit Arbeitsbereichen von KollegInnen?
  • Welcher Zeitrahmen steht in der Regel zur Verfügung?
  • Welche Arbeitsmaterialien sind erforderlich? Wo sind diese zu beschaffen?
  • Gibt es im Betrieb eine bevorzugte oder einheitliche Vorgehensweise oder ist diese unterschiedlich?
  • Wo liegen mögliche Störungen und Unterbrechungen?
  • Woran ist ein erfolgreicher Abschluss der Tätigkeit zu erkennen? (Kriterien)

Die Anleitung in der Qualifizierung von Menschen mit großen Lernschwierigkeiten kann, basierend auf der Tätigkeitsanalyse, vom gemeinsamen Durchführen der einzelnen Arbeitsschritte, körperlicher Unterstützung z. B. durch Führen bzw. Unterstützung der Hand, über verbale Anweisungen bei jedem Arbeitsschritt oder kritischen Arbeitsschritten, nonverbalen Hinweisen wie z. B. das Zeigen auf die entsprechende Stelle bis hin zu indirekten Anweisungen (Was ist der nächste Schritt?) reichen (Brooke u. a. 1997, 173). Die Unterstützung sollte dabei nur so intensiv wie notwendig sein, damit die ArbeitnehmerIn die Tätigkeit erfolgreich ausführen kann und langsam ausgeblendet werden. Bei Menschen ohne große Lernbeeinträchtigung wird diese intensive Form der Anleitung nicht notwendig sein. Prinzipiell ist ausgehend von der Analyse der bevorzugten Lernwege und spezifischen Lernhürden der unterstützten ArbeitnehmerIn die Qualifizierung individuell zu gestalten. Verschiedene Lernzugänge sollten ausprobiert und gemeinsam mit der ArbeitnehmerIn evaluiert werden. Es ist gerade bei Menschen mit Lernschwierigkeiten oft sinnvoll, dass der Job Coach ggf. gemeinsam mit der unterstützten ArbeitnehmerIn und mit Unterstützung der AnleiterInnen Ablaufpläne mit den einzelnen Schritten der Tätigkeit erstellt. Diese können schriftlich, grafisch oder mit Fotos erstellt werden. Für viele ArbeitnehmerInnen mit Lernschwierigkeiten ist es sinnvoll, gemeinsam mit dem Job Coach immer wieder die Arbeitsabläufe gedanklich durchzugehen und die nächsten Schritte zu planen, ggf. selbst notwendige Informationen und Materialien einzuholen, notwendige Fähigkeiten konkret zu üben, die Arbeiten auszuführen und dann selbst die Ergebnisse zu kontrollieren. Dabei ist es wichtig, die Arbeit in dem Gesamtzusammenhang des Betriebs einordnen zu können und auch über Konsequenzen von nicht ordnungsgemäß ausgeführter Arbeit für KollegInnen und KundInnen informiert zu sein.

Weiterhin kann die Erstellung eines Arbeitsplans mit den regelmäßig zu erledigenden Arbeiten zweckmäßig sein. Die Arbeit kann so für die ArbeitnehmerIn, aber auch für KollegInnen transparent strukturiert werden. Gelegentlich ist gar nicht klar, was die ArbeitnehmerIn eigentlich tun soll, da sie von unterschiedlichen KollegInnen und Vorgesetzten oft unterschiedliche, teilweise widersprüchliche Anweisungen und Arbeitsaufträge erhält. In diesen Fällen ist eine gemeinsame Klärung der zu erledigenden Aufgaben, der betrieblichen Prioritäten und der betrieblichen AnsprechpartnerInnen sehr hilfreich.

Für die unterstützten ArbeitnehmerInnen ist es manchmal schwierig, die arbeitsplatzspezifischen Signale im Betrieb zu entschlüsseln und zu erkennen, was wann zu tun ist (vgl. Hamburger Arbeitsassistenz 2001, 187). So ist beispielsweise ein wichtiges arbeitsplatzspezifisches Signal in einem Restaurant, wenn Gäste aufstehen und gehen. Es wird dann in der Regel erwartet, dass die Restauranthelferin den Tisch möglichst unverzüglich abräumt und für neue Gäste vorbereitet. Schwieriger ist es im kommunikativen Bereich, beispielsweise zu erkennen, wann eine KollegIn ansprechbar ist oder von alleine zu erfassen, wann ein Kollege Hilfe braucht. Das Training von sozialen und kommunikativen Kompetenzen sowie von Selbstkompetenzen wie beispielsweise Eigeninitiative und Selbstständigkeit ist im betrieblichen Alltag aber mindestens genauso wichtig, wie das Erlernen von Arbeitsfähigkeiten. Der bewusste Abgleich von Selbst- und Fremdwahrnehmung und ein klares und konstruktives Feedback von KollegInnen und Vorgesetzten können eine gute Grundlage für die persönliche Weiterentwicklung bieten. Mitunter ist das schwierig, da sich einerseits KollegInnen und Vorgesetzte aus Angst vor Überreaktionen und Gefühlsausbrüchen oft scheuen, konkrete Rückmeldungen zu von ihnen als unangemessen empfundenen Verhaltensweisen zu geben. Andererseits ist in vielen Betrieben negatives Feedback durchaus etabliert, positive Rückmeldung wird jedoch eher selten oder gar nicht gegeben (vgl. Hamburger Arbeitsassistenz 2004). Hier sollte der Job Coach KollegInnen und Vorgesetzte ermutigen, ein klares, aber auch konstruktives Feedback als Orientierungshilfe zu geben. In Gesprächen mit der MentorIn und/oder dem Job Coach kann dann das Verhalten reflektiert und alternatives Verhalten durchgespielt werden. Dafür eignen sich Rollenspiele und außerbetriebliche Gruppenangebote für unterstützte ArbeitnehmerInnen, in denen sie ihre Arbeitserfahrungen austauschen und reflektieren können. Die Hamburger Arbeitsassistenz hat beispielsweise ein Seminarprogramm zur Förderung der Sozialkompetenzen in den Bereichen Kommunikation, Kooperation und Konfliktlösung entwickelt (KUKUK), das eng mit der betrieblichen Praxis verknüpft ist (Hamburger Arbeitsassistenz 2004).

Bei der Förderung sowohl von Fach- und Methoden- als auch von Selbst- und Sachkompetenzen sind allgemeine Grundsätze aus der Lernbiologie hilfreich (vgl. Vester 1978, 141):

  • individuell sinnvolle Lerninhalte auswählen
  • gutes emotionales Klima schaffen und Spaß beim gemeinsamen Lernen haben
  • mit allen Sinnen lernen, vielfältige Eingangskanäle nutzen, berücksichtigen, auf welche Art die unterstützte ArbeitnehmerIn bevorzugt lernt
  • Neugierde wecken
  • Verknüpfungen mit der betrieblichen Realität herstellen
  • zusätzliche Assoziationen, veranschaulichende Begleitinformationen und Beispiele geben
  • an bekannten Inhalten anknüpfen
  • Interferenz vermeiden, indem nicht ähnliche, aber unterschiedliche Aufgaben kurz hintereinander erklärt werden
  • Wiederholung neuer Informationen
  • dichte Verknüpfung des Lernstoffs, Bezüge herstellen, mentale Netze stricken

Eine bessere Passung zwischen Arbeitsplatzanforderungen und den Fähigkeiten der ArbeitnehmerIn kann nicht immer über Qualifizierung am Arbeitsplatz erreicht werden. Manchmal wird auch erst während der Einarbeitungsphase deutlich, dass eine Anpassung der Arbeitsanforderungen und Gestaltung des Arbeitsplatzes durch Herausnahme oder Hinzufügen von (Teil-)Aufgaben erforderlich ist. So berichten Barlsen/Bungart (Barlsen/Bungart 1999, 169), dass bei 45 % der von den Integrationsfachdiensten im Rahmen eines Modellprojekts unterstützten Arbeitsplätze von Menschen mit Lernschwierigkeiten eine Anpassung des Arbeitsplatzes notwendig war. Dabei wurden vor allem Arbeitsinhalte (44 % ), aber auch die Arbeitszeit oder die Arbeitsorganisation verändert und technische Hilfsmittel eingesetzt (je 15 ‑ 20 % ). Strategien bei der Anpassung von Arbeitsplätzen können sein:

Strategien der Entwicklung und Anpassung von Arbeitsplätzen

  • das sogenannte „job carving“ oder „job stripping“, bei dem aus einer bestehenden Arbeitsplatzbeschreibung bestimmte, für die Person geeignete Aufgaben „herausgeschnitten“ werden
  • das „job enrichment“, bei dem neue Aufgaben zu einer bestehende Arbeitsplatzbeschreibung hinzugefügt werden
  • das „job sampling“ mit dem Zusammenstellen von Arbeitsaufgaben aus verschiedenen vorhandenen Arbeitsplatzbeschreibungen
  • oder das „job creating“, die „Arbeitsplatzerfindung“, das heißt die Schaffung einer neuen Arbeitsplatzbeschreibung aufgrund von bisher nicht oder nur unzureichend abgedeckten Aufgaben in einem Betrieb

Die gemeinsame Entwicklung oder der Einsatz von Hilfsmitteln ist ebenfalls eine wichtige Unterstützungsstrategie. Folgende einfache Arbeitshilfen haben sich in der Praxis bewährt (ausführliche Beispiele siehe Horizon 1999, 90, Bungart/Putzke 2001, 150, Putzke/Klüssendorf 2005, 63 ff., Hamburger Arbeitsassistenz 2001, 175 ff., Brooke u. a. 1997, 184):

  • Orientierungshilfen (Schriftzeichen durch Symbole oder Fotos ersetzen, Farbmarkierungen, Muster, Schablonen, Messlatten mit Markierungen etc.)
  • Strukturierungshilfen (Ablaufpläne für einzelne Tätigkeiten, Arbeitspläne: Tages-, Wochen-, Monatspläne, Aufgabenbuch, Aufgabenkarten, Aufgabentafel, To-do-Listen, vorgefertigte Checklisten etc.), die nach Bedarf in leichter Sprache, mit Farben, Zeichnungen, Symbolen oder mit Fotos gestaltet werden können
  • Karteikartensysteme (z. B. Sortierhilfen, Nachschlagewerke)
  • Kleine technische Hilfsmittel (Diktiergerät, Taschenrechner, elektrischer Hefter, sprechende Uhr, Wecker, Zähler, Vorlagenhalter, Servierwagen)

Neben den aufgezeigten einfachen Hilfsmitteln können weitere behinderungsbedingte technische Hilfsmittel oder weitere Anpassungen des Arbeitsplatzes sinnvoll sein. Dies ist insbesondere bei Menschen mit Sinnes- oder Körperbehinderungen der Fall. Beispiele für technische Hilfsmittel sind größere Bildschirme, Vergrößerungssoftware oder Lesegeräte für sehbehinderte ArbeitnehmerInnen, Texterkennung, Geräte mit Sprachausgabe oder die Braillezeile zum Lesen von Texten am Computer für blinde Menschen, modifizierte Tastaturen und Eingabehilfen, Spracherkennung, höhenverstellbare, unterrollbare Arbeitstische oder Hilfsmittel zum Tragen und Heben für körperbehinderte Menschen. Unterstützung bei der Auswahl, Anpassung und Beantragung dieser Hilfen erhält man in Deutschland über die technischen BeraterInnen bei der Agentur für Arbeit oder den Integrationsämtern, in Österreich bei den Bundessozialämtern. Eine umfassende Sammlung von Hilfsmitteln sind im Internet bei Rehadat (www.rehadat.de ) oder das Handynet-Österreich (http://handynet-oesterreich.bmsg.gv.at )  verfügbar.

Alle Hilfsmittel können dazu beitragen, die Arbeitsanforderungen zu reduzieren und behinderungsbedingte Einschränkungen auszugleichen. Sie ermöglichen es vielfach, dass die Person eine Aufgabe selbstständig ausführen kann und machen die ArbeitnehmerIn mit Behinderung somit unabhängiger von KollegInnen und personeller Unterstützung (vgl. Bungart/Putzke 2001, 150). Dabei ist darauf zu achten, dass die Arbeitshilfen anschlussfähig an die Unternehmenskultur sind und ggf. auch von anderen ArbeitskollegInnen genutzt werden können. Viele kleinere Arbeitshilfen werden erfahrungsgemäß in Kooperation mit oder sogar von KollegInnen entwickelt. Ein gutes Prinzip aus dem Bereich der Architektur und der Produktgestaltung ist das Prinzip des „barrierefreien Designs“ oder des „Designs für alle“ (englisch „universal design“) (vgl. Heiden 2006) [2] . Dabei werden Produkte und Räume so gestaltet, dass möglichst viele Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Einschränkungen sie ohne Hilfe nutzen können. So sind niedrige Fahrstuhlknöpfe sowohl für kleinwüchsige Menschen, RollstuhlfahrerInnen als auch für große Menschen einfach zu bedienen. Leichte Sprache ist nicht nur für Menschen mit Lernschwierigkeiten, sondern auch für KollegInnen mit Migrationshintergrund gut. Eine übersichtliche Strukturierung des Lagers oder Hebevorrichtungen im Betrieb können für alle betroffenen KollegInnen eine Erleichterung sein. Erarbeitete Aufgabenpläne können zukünftig neuen MitarbeiterInnen im Betrieb ebenfalls bei der Einarbeitung hilfreich sein.


Die regelmäßige Auswertung und Reflexion des Unterstützungsprozesses (vgl. Bungart/Putzke 2001, 153, Hamburger Arbeitsassistenz 2001, 129) mit allen Beteiligten ist ein wichtiger Bestandteil des Job Coaching. So sollten regelmäßige Reflexions- und Feedbackgespräche mit der unterstützten ArbeitnehmerIn und den zuständigen betrieblichen MitarbeiterInnen durchgeführt werden. Diese Gespräche sollten nicht nur auf Leitungsebene stattfinden, sondern auch die direkten KollegInnen und Vorgesetzte einbeziehen, Dabei ist der Zeitrahmen der MitarbeiterInnen im Betrieb zu berücksichtigen. Die Gespräche können in Absprache mit der unterstützten ArbeitnehmerIn gemeinsam oder auch getrennt erfolgen. Dabei ist darauf zu achten, nicht nur pauschal nachzufragen („Wie läuft es?“), sondern konkrete Nachfragen etwa zu einzelnen Tätigkeitsbereichen, der momentanen Entwicklung der ArbeitnehmerIn mit Stärken und Entwicklungsbereichen, möglichen Problembereichen sowie der Zufriedenheit mit der momentanen Arbeitssituation zu stellen. Dafür ist es hilfreich, ein einfaches, aber aussagekräftiges betriebliches Rückmeldesystem einzurichten und die Entwicklungsverläufe zu dokumentieren. Hierzu kann eine regelmäßige Selbst- und Fremdeinschätzung in schriftlicher Form gehören. Die Entwicklung der ArbeitnehmerIn sollte nicht nur vom Betrieb, sondern ggf. auch vom Job Coach regelmäßig beobachtet und auch im Vergleich zu den Arbeitsfähigkeiten und der Arbeitsleistung von anderen ArbeitnehmerInnen im Betrieb beurteilt werden. Dabei ist es wichtig, immer wieder einen Abgleich zwischen den betrieblichen Anforderungen und der tatsächlichen Arbeitsleistung herzustellen. Auch die gewählte Unterstützungsstrategie sollte regelmäßig mit den Beteiligten ausgewertet werden:

  • Waren die gewählten Unterstützungsstrategien für die unterstützte ArbeitnehmerIn und die KollegInnen hilfreich?
  • Welche Entwicklungen haben stattgefunden?
  • Wurden die Ziele der Unterstützung erreicht?
  • Was sollte verändert werden?
  • Welche Unterstützung ist weiterhin notwendig?

Job Coaching ist in der Regel eine Begleitung auf Zeit, die allerdings auch über einen längeren Zeitraum erfolgen kann. Normalerweise verringert sich der Unterstützungsbedarf nach einer intensiveren Unterstützung während der Praktikums- oder Einarbeitungsphase. Die Unterstützung kann aber bei einer Veränderung der betrieblichen Arbeitssituation oder Krisen wieder intensiviert oder neu gewährt werden. In Regel ist die intensive Unterstützungsphase abgeschlossen, wenn sich das Arbeitsverhältnis stabilisiert hat und die ArbeitnehmerIn ihre Arbeitstätigkeiten selbstständig gemäß dem vereinbarten betrieblichen Standard ausführen kann und gut in den Betrieb integriert ist. Mit der unterstützten ArbeitnehmerIn und dem Betrieb sollte dann vereinbart werden, in welchen zeitlichen Abständen eine Nachbetreuung stattfinden soll und dass der Integrationsfachdienst bei Problemen jederzeit von allen Beteiligten eingeschaltet werden kann.



[1] vgl. der Coaching-Report von Rauen (2006), der auch eine Definition von Coaching mit einer Liste von Charakteristika als Qualitätsmerkmale liefert, auf die ich u. a. im Folgenden Bezug nehme. Verfügbar über: http://www.coaching-report.de/definition_coaching/index.htm [Datum des Zugriffs: 15.10.2007]

[2] Informationen über die Idee des Universal Designs und der Initiative Design für alle Deutschland sind auch beim Forschungsinstitut Technologie-Behindertenhilfe (FTB) verfügbar unter http://ftb-net.de/unides.html oder beim Center of Universal Design http://design.ncsu.edu/cud/ [Datum des Zugriffs: 15.10.2007]



Zuletzt geändert: Montag, 19. August 2013, 14:43