Kursthemen

  • Herzlich Willkommen im Kurs "Menschen mit Behinderungen und Arbeitsmarkt"

    Noch immer gibt es für Menschen mit Behinderungen Benachteiligungen beim Zugang zu Arbeit am regulären Arbeitsmarkt. Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit von Betrieben werden vielfach nicht oder unzureichend ergriffen, obwohl nach §6 Abs.1a BEinstG (Behinderteneinstellungsgesetz) "die Verpflichung besteht, geeignete und im konkreten Fall erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung eines Berufes, den beruflichen Aufstieg und die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen, sofern diese Maßnahme die Dienstgeber_innen nicht unverhältnismäßig belasten". (Unabhängiger Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen: Stellungnahme zu Arbeit und Beschäfgtigung 2011)

    In den folgenden Abschnitten wird auf themenspezifische Texte aufmerksam gemacht.

    Schwerpunkte:

    • Grundlagenliteratur zu Arbeit und Behinderung
    • Berufsbildung, Berufsausbildung
    • Klassifizierungen Arbeits-/Erwerbsfähigkeit, Arbeits-/Erwerbsunfähigkeit
    • Persönliches Budget und Erwerbsarbeit
    • Prekäre Lebenssituationen
    • 1. Arbeitsmarkt
    • 2. Arbeitsmarkt
    • 3. Arbeitsmarkt
    • Aus der Praxis
    • Ökonomisierungs- und Einsparungsbestrebungen
    • Fazit
    • Infos und Anlaufstellen für Betroffene
    • bidok Materialien

    Stefan Doose beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit dem Themenkomplex. Seine Texte mit folgenden Inhalten finden Sie in der neuen bidok-Bibliothek www.bidokbib.at: "Unterstützte Beschäftigung (Supported Employment)", "Persönliche Zukunftsplanung", "Arbeitsplatzakquisition", "Arbeitsplatzentwicklung", "Arbeitsplatzvorbereitung", "Arbeitsplatzanalyse", "Job Coaching" und "Sicherung bestehender Arbeitsplatzverhältnisse".

    Der Kurs Menschen mit Behinderung und Arbeitsmarkt ist Teil von bidok, Projekt Arbeit – beauftragt und finanziert durch das Sozialministerium, Landesstelle Tirol.





  • Grundlagenliteratur

    Hervorgehoben

    Im diesem Abschnitt werden grundlegende Texte zur  Arbeitsmarktpolitik als auch zur Sozialpolitik vorgestellt. Arbeitsmarktpolitik steht seit je her im Widerstreit zwischen verschiedenen Positionen. Es treten "Trennungslinien zwischen behinderten und nichtbehinderten Bevölkerungsgruppen hervor, die Gerechtigkeit und gleichbereichtigte Teilhabe verhindern" (Plangger 2014).

    • Plangger, Sascha (2009): Integration und Behinderung in der modernen Arbeitswelt
    • Plangger, Sascha (2014): Partizipation und Inklusion
    • Scheuring, Robert (2015): Inklusion zwischen Hilfe und Kontrolle
    • Unabhängigen Monitoringausschusses Österreich (2011): Stellungnahme zu Arbeit und Beschäftigung
    • Wegscheider, Angela (2015): Neue Sichtweisen auf Menschen mit Behinderungen – Sozialpolitik zwischen alten Mustern und neuen Wegen
  • Berufsbildung, Berufsausbildung

    "Das Erbe einer Jahrhunderte langen Tradition institutionell separierter Bildung und Ausbildung von Menschen mit Behinderungen ist nicht von heute auf morgen zu überwinden, denn es hat tiefe Spuren in den Akteurskonstellationen und den Ausbildungsvorstellungen aller Beteiligten hinterlassen. Die Praxis zeigt, dass der Ausschluss von der allgemeinen Schulbildung (häufig formuliert als "Besondere Förderung") und der Auschluss von Berufsbildung und Berufsausbildung sich in das Gegenteil von Förderung verkehrt und starke Abhängigkeiten erzeugt." (BAETHGE-KINSKY 2015)

    • Volker Baethge-Kinsky, Markus Wieck, Martin Baethge (2015): Inklusion in der beruflichen Bildung
    • Norbert Lachmayr, Roland Löffler, Marcel Bilgili, Maria Goldberger (2012): Arbeitsmarktintegration von Absolvent_innen der integrativen Berufsausbildung in Tirol
    • Lisa Pfahl, Justin F.W. Powell (2005): Die Exklusion von Schüler/innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf
    • Dorothea-Maria Schiestl (2009): Integrative Berufsausbildung an Tiroler Fachberufsschulen
    • Margret Steixner (2014): Evaluierung der Ausbildung zur Fach-Sozialhelfer_in
  • Klassifizierungen "Arbeits-/Erwerbsfähigkeit, Arbeits-/Erwerbsunfähigkeit"

    Auf Basis der Gesetzeslage in Österreich werden im Sprachgebrauch von Behörden Zuschreibungen verwendet, wie zum Beispiel "Arbeits-/Erwerbsfähigkeit", "Arbeits-/ Erwerbsunfähigkeit", "Minderung der Erwerbsfähigkeit", "Status begünstigt behindert", die über Zugänge zum den Arbeitsmärkten entscheiden. Die ausgewählten Texte thematisieren Begrifflichkeiten ("Beschäftigungspflicht", "Rehabilitation", "Diskriminierungsschutz", "BEinstG" ec.) und Feststellungsbescheide bzw. Diagnostizierungen.

    • Nikolaus Dimmel (2008): Unbeschäftigt mitten im Leben
    • Dominik Jaklitsch (2014): Inklusive Arbeit
    • Rebecca Maskos (2010): Was heißt Ableism?
    • Maria Osterkorn (2011): Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
    • Lisa Pfahl, Justin J.W. Powell (2010): Draußen vor der Tür
    • Gert-Peter Reissner (2008): Die Stellung von Menschen mit Behinderungen im Arbeitsrecht und im Sozialrecht – Überblick über die Rechtslage
  • Persönliches Budget und Erwerbsarbeit

    Persönliches Budget ist eine bedarfsorientierte und direkte Form, um Unterstützung selbst zu organisieren. Menschen mit Behinderungen sind hier Arbeitgeber_innen von Assistent_innen. Die bisher gewohnten Rollen waren Fördergeldbezieher_innen, Klient_innen, Nutzer_innen (einer Trägerorganisation oder einer Leistung). Das Modell des Persönlichen Budgets ist jenes, das Autonomie und Selbstbestimmung gewährt. In Tirol wird 2016/2017 ein Pilotprojet erprobt und evaluiert.


    • Berit Blesinger, Jörg Schulz (2007): Persönliches Budget und berufliche Teilhabe
    • Rolf Behncke (2007): Erste Erfahrungen mit dem Persönlichen Budget im Berufsbildungsbereich
    • Kirsten Puhr (2013): Erwerbsarbeit mit Behinderungen
    • Christine Riegler (2016): Pesönliches Budget; in: bidok works 16-16, S.21
  • Prekäre Lebenssituationen

    "Im Jahr 2012 waren über ein Fünftel der Personen mit moderaten (21,9%) und knapp ein Drittel der Personen mit schweren Beeinträchtigungen (30,6%) von Armut in ihrem Haushalt betroffen im Vergleich zu 15,2% der Gesamtbevölkerung." (BREINLINGER/WEGSCHEIDER 2016, siehe Abschnitt 2.Arbeitsmarkt)

    • Julia Fellner (2013): Die prekäre Lebenssituation von Menschen mit Lernschwierigkeiten bedingt durch die systematische Exklusion am ersten Arbeitsmarkt
    • Emmerich Tálos (2007): Zur Situation von Menschen mit Behinderungen im aktuellen Wandel der Erwerbsarbeit und sozialstaatlichen Sicherung
    • Hans Weiß (2010): Kinder in Armut als Herausforderung für eine inklusive Perspektive
    • Kerstin Witt-Löw, Marion Breiter (2006): Luzia – Zur Lebenssituation arbeitsmarktferner Frauen mit Behinderung in Wien

  • 1.Arbeitsmarkt

    "Während die Gründe für die geringe Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Behinderungen vielgestaltig sind, liegt es auf der Hand, dass eine der zentralen Herausforderungen die negative Einstellung gegenüber Menschen mit Behinderungen, ihre Stigmatisierung und Stereotypisierung ist, wonach sie als in gewisser Weise „ungeeignet“ für die gleichberechtigte Teilnahme am Arbeitsleben angesehen werden. Dies führt zu einer fortgesetzten Marginalisierung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen bei der Arbeit und der Beschäftigung, und damit für viele Menschen mit Behinderungen auf der ganzen Welt zu einer Versagung ihres Rechtes auf Arbeit, das in Artikel 27 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen festgelegt ist." (Abs.67 der Schlussfolgerungen und Empfehlungen des UN-Hochkommissariats, 2012)

    • Katharina Angerer (2011): Persönliche Assistenz am Arbeitsmarkt
    • Petra Flieger (2011): Zum Stand der Umsetzung von Artikel 19 der UN-Konvention in Österreich
    • Katharina Meusburger, Heidemarie Pöschko (2012): 20 Jahre Arbeitsassistenz Österreich
    • Mathilde Niehaus et al. (2002): Bildungsbedarfsanalyse für betriebliche Akteure angesichts human ressoruce / disability Management-Aufgaben
    • Thematische Studie des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte zur Arbeit und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen (2012)
  • 2.Arbeitsmarkt

    "Der zweite Arbeitsmarkt umfasst im Allgemeinen staatlich subventionierte Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse mit einer sozialversicherungsrechtlichen Absicherung, die beruflich schwer integrierbaren Menschen übergangsmäßig eine Beschäftigung in einem geschützten Rahmen ermöglichen und sie auf eine Tätigkeit auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereiten sollen." (JAKLITSCH 2014, siehe Kapitel Klassifizierungen "Erwerbsfähig/Erwerbsunfähig...")

    Bei Projekten der Berufsqualifizierung und Berufsvorbereitung, die für Menschen mit Behinderung offen stehen, sind jedoch selten sozialrechtliche Absicherungen und Löhne nach Kollektivvertrag anzutreffen.

    • Stefanie Breinlinger und Angela Wegscheider (2016): In Arbeit kommen und bleiben
    • Oliver Koenig (2008): Persönliche Zukunftsplanung und Unterstützte Beschäftigung als Instrumente in institutionellen Veränderungsprozessen
    • Oliver Koenig, Petra Pinetz (2009): Das Recht auf Arbeit und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in Österreich
  • 3.Arbeitsmarkt

    Aufgrund gezogener Trennungslinien zwischen behinderten und nichtbehinderten Bevölkerungsgruppen kommt es dazu, "dass Personen mit Behinderungen in „ausbeutbare Abhängigkeitsverhältnisse“ geraten und gezwungen werden z.B. auf entmündigende Hilfeleistungen zurückzugreifen oder Arbeit unter Substandardbedingungen in geschützten Werkstätten oder am freien Arbeitsmarkt anzunehmen, die eine nichtbehinderte Person nie akzeptieren würde." (Plangger 2014, siehe Kapitel Grundlagenliteratur)

    • Petra Flieger (2013): Im Widerspruch: die UN-Konvention und die Entwicklung des 3.Arbeitsmarkts in Österreich
    • Oliver Koenig (2009): Berufswünsche von Nutzer_innen Wiener Werkstätten
    • Hubert Stockner (2010):Österreichische Behindertenpolitik im Lichte der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
    • Magdalena Zierer (2010): Beschäftigungstherapiewerkstätten in Österreich – ein Sprungbrett zum allgemeinen Arbeitsmarkt?

  • Aus der Praxis

    Hier finden Sie Einblicke in die Vielfalt von Arbeitserfahrungen:

    • bidok (2014): Erfahrungsberichte zur Arbeitswelt
    • Julia Golser (2011): Leben, Studieren und Arbeiten mit Persönlicher Assistenz
    • Isabell Grill (2007): Berufsschule ohne Barrieren (Leitfaden für Barrierefreiheit)
    • Leonie Höpfner (2017): Aphasie als unsichtbarer Begleiter im Studium und Berufsleben
    • Nadine Lormis (2017): CAP-Märkte: "Mitarbeiter haben ein ganz anderes Selbstwertgefühl"
    • Nadine Lormis (2017): Gehörloses Personal bedient in Café ohne Worte
    • Hubert Stockner (2011): Persönliche Assistenz als Ausweg aus der institutionellen Segragation von Menschen mit Behinderungen (Bericht zur Situation in Österreich)

  • Ökonomisierungs- und Einsparungsbestrebungen

    Die Fokussierung des Staates auf Effizienz nahm seit der Jahrtausendwende zu und wurde von der Frage begleitet, inwieweit und wo er in die soziale Sicherung investieren soll. Der Solidaritätsgedanke und die soziale Gerechtigkeit werden durch Programme der Aktivierung und Eigenverantwortung, die die Beschäftigungsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen erhöhen möchte, abgelöst. (SCHNEIDER 2016)

    • Alexandra Kühn, Maike Rüter (2008): Unterstützung behinderter Menschen am allgemeinen Arbeitsmarkt im Ökonomisierungstrend
    • Josef Fragner (2002): Achtung, Anerkenneung und Gerechtigkeit
    • Harald Schneider (2016): Herausforderungen der wirkungsorientierten Verwaltungsführung für soziale Organisationen

  • Fazit

    In Österreich sind sehr viele Menschen mit Behinderungen in Strukturen des Ersatzarbeitsmarktes untergebracht (KOENIG 2015), wobei der der zweite Arbeitsmarkt v.a. für anders definierte Zielgruppen reserviert zu sein. Die Zuschreibung Behinderung wirkt in Östereich einladend dafür, bei Statistiken gesondert behandelt zu werden, zur Verdeutlichung: die Menschen am Ersatzarbeitsmarkt werden nicht als Langzeitarbeitslose bezeichnet, nicht als Erwerbstätige, sondern sie scheinen als Bezieher_innen von Fördergeldern auf.

    Die sog. Ersatzarbeitsmärkte werden meist von Trägern der Behindertenhilfe angeboten, die wiederum großteils aus einem Budget auf Länderebene finanziert sind. Diese Finanzierung von Ersatzmärkten erfolgt in der Regel durch zwei Geldflüsse: der Verschiebung des Rehabilitationsgeldes des Einzelnen auf die Einrichtung plus Subventionen für Personal und Instandshaltung der Einrichtung. An dieser Stelle schlägt das Persönliche Budget einen neuen Weg vor und stößt daher auf massiven Widerstand.

    Am ersten Arbeitsmarkt wird die Situation in Zahlen folgerndermaßen beschrieben: Im Jahr 2011 sind rund 6.300 Personen unter den Arbeitslosen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen behindert nach dem Behinderteneinstellungsgesetzes, d.h. 2,6% aller Arbeitslosen weisen eine formal anerkannte Behinderung auf. In den letzten Jahren ist diese Zahl deutlich angestiegen: Waren in den Jahren 2004 bis 2008 zwischen rund 5.200 und 5.400 Menschen mit Behinderung als arbeitslos registriert, so waren es 2009 5.900 und 2011 bereits 6.300 Personen. (WROBLEWSKI 2012)

    • Oliver Koenig (2015): Auschluss aus Erwerbsarbeit – eine gesellschaftlich legitimierte Gewalthandlung?
    • Wroblewski, Angela (2012): Arbeitsintegration von Menschen mit Behinderung in Österreich
  • Infos und Anlaufstellen für Betroffene

  • bidok Materialien